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Wenn Sie oder Ihre Kinder gerne Wellensittiche als Haustiere halten möchten, dann verbinden Sie mit diesen Tieren sicherlich bestimmte Hoffnungen und Wünsche. Vielleicht stellen Sie sich vor, dass Ihre Wellensittiche zahm werden, auf den Finger kommen oder sich sogar streicheln lassen. Oder aber Sie haben die Geschichten von sprechenden Wellensittichen gehört und wünschen sich nun auch so ein kleines gefiedertes Sprachtalent.
Leider ist es mit diesen speziellen Wünschen von uns Menschen so, dass es eher ein Zufall ist, wenn sie in Erfüllung gehen. Natürlich gibt es Wellensittiche, die ihren Haltern großes Vertrauen entgegenbringen und wenig Scheu vor ihnen haben. Es gibt aber genauso die Wellensittiche, denen Menschen auch nach Jahren des Zusammenlebens immer noch suspekt sind und die lieber ganz schnell die Flucht ergreifen oder irgendwo Deckung suchen, wenn sich ihr Halter ihnen nähert.
Daher ist es sehr wichtig, sich schon im Vorfeld mit dem Charakter und den Neigungen dieser speziellen Tierart auseinanderzusetzen. Nur so können Enttäuschungen und falsche Erwartungen vermieden werden.
Wir können in unserem Ratgeber vieles sagen, das für die Tierart Wellensittich allgemein gültig ist. Aber letztlich ist jeder Vertreter dieser Art ein eigenständiges Individuum, das auch als solches verstanden und angenommen werden muss. Das bedeutet, dass sich Ihre Wellensittiche letztlich von der Allgemeinheit abheben und unterscheiden. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass Sie sich auf Ihre Wellensittiche einlassen und versuchen, deren unterschiedliche Charaktere und Persönlichkeiten zu verstehen und ihnen gerecht zu werden.
Wellensittiche sind sehr faszinierende Wesen mit den unterschiedlichsten Wünschen, Neigungen und Vorlieben. Das gilt untereinander im Schwarm wie auch gegenüber uns, den Menschen. Die Bandbreite reicht vom vorsichtigen und schüchternen Hasenherz, das sich angesichts der aus einer Sicht bedrohlich großen Menschen sofort in die hinterste Volierenecke zurückzieht, bis hin zum unerschrockenen Draufgänger, den diese komisch aussehenden Wesen namens Mensch eher faszinieren.
Während der interessierte Draufgänger mit genug Zeit, Geduld und Leckerlies durchaus zahm werden und mit uns Menschen eine Art Freundschaft eingehen kann, wird es bei dem ängstlichen Vogel sicherlich niemals gelingen, ihn von der Ungefährlichkeit eines Menschen zu überzeugen. Jeder tierliebe Halter wird sich diese Unterschiede im Charakter respektieren und es akzeptieren, dass ein zutraulicher Wellensittich ein großes Geschenk ist, das aber keinesfalls von allen Vögeln erwarten werden kann.
Übrigens ist das alte Vorurteil, dass nur ein einzeln gehaltener Wellensittich zahm werden kann, längst widerlegt. Das Gegenteil ist eher der Fall: In der Gruppe sind die Vögel deutlich mutiger. Denn hier besteht die Chance, dass ein Vogel aus der Gruppe Menschen gegenüber aufgeschlossener ist, Vertrauen fasst und so den anderen Schwarmmitgliedern als Beispiel dient.
Aber auch für sehr zutrauliche und dem Menschen zugewandte Wellensittiche gilt, dass sie nicht angefasst werden möchten. Sie sind, wie alle Vögel, keine Kuscheltiere.
Das liegt daran, dass Wellensittiche in der Natur Beutetiere sind. Wenn sie von etwas Größerem wie zum Beispiel einer menschlichen Hand um den Körper herum gefasst werden, dann fühlt sich das für sie wie der Beutegriff eines Raubvogels an. Damit erklärt sich, warum es viele Wellensittiche als sehr großen Stress empfinden, wenn sie von einem Menschen eingefangen werden. Und auch die sehr zutraulichen Vögel mögen das Eingefangen gar nicht und werden sicherlich einige "Fluchtversuche" unternehmen, nur um nicht hilflos in einer Hand zappeln zu müssen. Daher sollten Sie Ihre Vögel nur dann einfangen, wenn es dafür einen guten Grund, wie beispielsweise den Gang zum Tierarzt oder die Verabreichung von Medikamenten, gibt.
Es kann natürlich vorkommen, dass sich ein Wellensittich sehr an seinen Halter gewöhnt hat und ihm viel Vertrauen entgegenbringt. Dann ist es möglich, dass er ihm seine besondere Zuneigung dadurch beweist, dass er von "seinem" Menschen gekrault werden möchte. Das zeigt er dann durch ein schräg gelegtes Köpfchen und ein leicht aufgestelltes Gefieder an Nacken und Kopf. Fordert Sie einer Ihrer Wellensittiche auf diese Weise auf, dann dürfen Sie ihn ganz vorsichtig mit der Fingerspitze am Köpfchen kraulen. Lassen Sie ihm dabei aber bitte immer genug Freiheit, dass er sich zurückziehen kann, wenn er genug davon hat. Und bitte berühren Sie ihn auch in so einer Situation nicht am Bauch oder am Rücken, denn das assoziiert der Vogel wie oben beschrieben sehr leicht mit einem Beutegreifer.
Wenn Wellensittiche sprechen, dann nutzen sie gerne ihre eigene Sprache und das am liebsten zusammen mit ihresgleichen. In dem Punkt unterscheiden sie sich nicht von uns Menschen, die wir uns doch bevorzugt in unserer Muttersprache unterhalten, eben weil es so einfach und gut verständlich für uns ist. Es stimmt natürlich, dass Papageienvögel und damit auch Wellensittiche ein gewisses Talent zur Nachahmung von Lauten haben. Dabei hat der eine Vogel etwas mehr Talent als der andere. Aber letztlich bedeutet es für die Tiere immer, dass sie in einer für sie fremden Sprache kommunizieren. Es ist nicht völlig auszuschließen, dass es mal ein Individuum gibt, für das die Nachahmung menschlicher Laute tatsächlich ein interessanter Zeitvertreib sein könnte, aber die große Mehrheit an Wellensittichen wird sich wohl nicht dafür begeistern. Warum sollten sie auch? Schließlich findet jeder Vogel in einem Schwarm genügend Ansprechpartner, die seine Sprache perfekt beherrschen.
„Mag sein“, werden Sie vielleicht sagen „aber ich erinnere mich doch noch genau an den kleinen Bubi unserer älteren Nachbarin aus meiner Kindheit. Der hat doch gesprochen. War das ein Wundervogel, oder wieso konnte der das?“
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wurde dieser sprechende Wellensittich einzeln gehalten, das heißt ohne artgleiche Freunde. Wellensittiche sind sehr soziale Tiere, für die Freunde und Partner einfach zum Leben dazu gehören. Ohne diese fühlt er sich einsam und langweilt sich schrecklich. Manche dieser einzeln gehaltenen Vögel fangen dann aus Verzweiflung an, das nächstbeste lebendige Wesen als Freund oder Partner zu betrachten – in diesem Fall der Mensch, der sie versorgt. Um dem Partner zu gefallen und seine Aufmerksamkeit zu erringen, kann ein solcher Wellensittich dann anfangen, die Laute des Menschen nachzuahmen. Das ändert aber nichts daran, dass das kein artgerechtes Verhalten ist und der Vogel trotz aller Bemühungen nicht den sozialen Kontakt erhält, den er so dringend braucht. Welcher Mensch könnte schon mit seinem Wellensittich eine Runde quer durchs Zimmer fliegen, gemeinsam mit ihm an der Kolbenhirse knuspern und sich später neben ihm auf der Schlafschaukel zur Ruhe betten?
Aus diesem Grund sollten Sie als tierlieber Halter, der seinem gefiederten Freund das bestmögliche Leben bieten will, das Thema "Sprechen lernen" als nicht artgerechtes Verhalten einordnen und sich einfach daran freuen, wenn sich die Wellensittiche untereinander im munteren Gezwitscher unterhalten.
Aus Vereinssicht haben wir das Thema informativ aber kritisch aufgegriffen: Der sprechende Welli
Das Zähmen von Wellensittichen ist ein schwieriges weil recht emotionales Thema. Das Internet und diverse Bücher sind voll von Tipps, wie man Wellensittiche zähmt. Ein Großteil dieser Tipps ist ziemlicher Unsinn, wie etwa der Vorschlag, dass man sich erst einen Wellensittich ins Haus holt, diesen zähmt und erst dann einen weiteren Vogel dazu setzt. Ähnlich schlecht ist der Rat, die Tiere mittels Futterentzug gefügig zu machen. Beides verrät viel über die Weltanschauung der Ratgeber, bei denen es in erster Linie darum geht, dem Tier den menschlichen Willen aufzuzwingen. Jeder aufgeklärte Halter, dem das Wohl seiner Vögel am Herzen liegt, kann da nur verständnislos mit dem Kopf schütteln.
Die Wahrheit ist, um Wellensittiche an den Menschen zu gewöhnen und sie so viel Vertrauen fassen zu lassen, dass sie zahm werden und den Menschen nicht mehr als Bedrohung sondern als Freund ansehen, braucht es vor allem eines: sehr viel Geduld!
Ein gutes Lockmittel kann Kolbenhirse sein. Wenn Wellensittiche erst mal entdeckt haben, welche Leckerei das ist, dann werden einige von ihnen sicherlich sehr viel Wagemut beweisen, nur um ein Paar Körnchen dieses Leckerbissens zu ergattern. Die erste Stufe könnte sein, von der Kolbenhirse zu fressen, während der Halter sie in der Hand behält. Für Fortgeschrittene kann die Hirse dann so gehalten werden, dass der Vogel sich auf die Hand setzen muss, um an die Hirse zu kommen.
Es gibt auch Halter, die auf Klicker-Training schwören, um Wellensittiche zu zähmen. Dabei ist das erste Ziel, dass der Vogel in ein kleines Stöckchen, den so genannten Target Stick, beißt. Macht er das, so betätigt der Halter einmal den Klicker (eine Art Knack-Frosch), um zu signalisieren, dass der Wellensittich das richtige Verhalten gezeigt hat, und belohnt anschließend mit einem Leckerli, zum Beispiel einem Stückchen Kolbenhirse.
Das Klicker-Training ist nicht ganz unumstritten, weil hier die Tiere konditioniert werden, um ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Andererseits ist es für die intelligenten Wellensittiche oft ein interessanter Zeitvertreib, und es soll Vögel geben, die es kaum abwarten können, dass ihr Halter mit ihnen dieses Klicker-Spiel spielt. In jedem Fall kann es auch einen ganz praktischen Aspekt haben, nämlich dann, wenn ein Vogel ohne großen Stress Medikamente einnehmen soll. Für diese Fälle üben Halter mit ihren Vögeln, Wasser aus einer Spritze zu trinken, so dass sie im Ernstfall das Wasser durch das Medikament ersetzen können.
In jedem Fall gilt, die Geschwindigkeit, mit der Sie Ihre Wellensittiche an sich gewöhnen und zähmen, hängt maßgeblich von den Wellensittichen ab. Mutige und aufgeschlossene Vögel werden sich schneller annähern, vorsichtige und ängstliche Tiere werden hingegen sehr viel Zeit brauchen – und manche Wellensittiche werden es niemals tun.