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Wellensittiche sind Schwarmtiere mit einem ausgeprägten Sozialverhalten. In freier Natur leben sie in unterschiedlich großen Gruppen, die von vielleicht nur einem Dutzend Vögeln bis hin zu Großschwärmen von über tausend Tieren gehen können. Anhand dieser Tatsache können Sie sicher unschwer erkennen, dass die Einzelhaltung eines Wellensittichs in keiner Weise art- oder tiergerecht wäre, denn diese Haltungsform könnte nie all die sozialen Bedürfnisse dieser Vogelart befriedigen. Die Gruppe bietet dem Individuum in der Wildnis Schutz und Sicherheit, und dieses Gefühl ist auch unseren Hauswellensittichen zu eigen. Es kommt eher selten vor, dass ein Wellensittich etwas ganz alleine unternimmt, egal ob es dabei ums Fressen, Fliegen oder Spielen geht. Die Sittiche animieren sich gegenseitig zu den unterschiedlichen Aktivitäten, so dass es häufig zwei, drei oder mehr Tiere sind, die gemeinsam etwas unternehmen. Und selbst wenn die Vögel ruhen, lässt sich beobachten, dass sie sich grüppchenweise in einer Ecke oder einem Bereich versammeln.
Während in Ländern wie Österreich und der Schweiz eine Einzelhaltung von Papageien und Sittichen gesetzlich verboten ist, hinkt die Gesetzeslage in Deutschland diesen Tierschutzerkenntnissen leider immer noch hinterher und kennt dazu keinerlei Vorgaben oder Verbote. Allerdings empfiehlt zum Beispiel die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT), Wellensittiche immer mindestens zu zweit zu halten, so dass jeder Sittich immerhin einen artgleichen Ansprechpartner hat.
Seit mehreren Jahren setzt sich glücklicherweise bei immer mehr Haltern die Erkenntnis durch, dass auch die Zweierhaltung nicht all die unterschiedlichen Arten an sozialen Kontakten abbilden kann, wie sie in einer größeren Gruppe von Wellensittichen vorkommen. Die Anzahl an Haltungen mit kleineren und größeren Gruppen nimmt daher erfreulicherweise stetig zu. Aus diesem Grund empfiehlt und ermutigt der VWFD jeden an Wellensittichen Interessierten zu einer Haltung von vier oder mehr Wellensittichen. Nur so ermöglichen Sie es Ihren gefiederten Haustieren, die ganzen Facetten ihres faszinierenden Sozialverhaltens auszuleben.
Die Haltung eines einzelnen Wellensittichs ist grundsätzlich als nicht tiergerecht abzulehnen. Denn solch ein Einzelvogel hat niemanden, der mit ihm durchs Zimmer fliegt, mit ihm zusammen Körnchen knackt und sich abends neben ihm auf der Schaukel zum Schlafen niederlässt. Ihm fehlt ein Partner zum Flirten, Balzen und Füttern. Es gibt niemanden, der ihm zu einer entspannenden Kopf- und Nackenmassage das Gefieder krault oder ihm in der Mauser die juckenden Federhülsen abzupfen könnte. Da helfen weder Spiegel noch Plastikvogel oder der menschliche Halter als Ausgleich – ein einzelner Wellensittich ist zu einem Leben in eintöniger Langeweile und frustrierender Einsamkeit verdammt. Und das möchte sicherlich keiner von uns seinem geliebten gefiederten Freund antun.
Bei dieser Haltungsform haben die beiden Vögel zumindest einen artgleichen Freund, mit dem sie in ihrer Sprache kommunizieren können und der ihr Verhalten versteht. Allerdings kommen hierbei soziale Unausgewogenheiten im Temperament, Alter oder geschlechtsspezifischen Verhalten besonders stark zum Ausdruck. Es kann recht gut funktionieren, wenn es sich bei den beiden Wellensittichen um ein Paar handelt, das sich liebt und gut versteht. Die Erfahrung vieler Halter lehrt allerdings, dass wir Menschen ziemlich viel Glück brauchen, um zwei Vögel zu finden, bei denen die Chemie so gut stimmt, dass sich zwischen ihnen eine richtig gute Freundschaft oder sogar Liebe entwickelt. Wenn das nicht klappt, dann sprechen Experten in dem Zusammenhang von einer Zwangsverpaarung. Im besten Fall leben die beiden Sittiche einfach nur nebeneinander her, im ungünstigsten Fall kann es zu ständigen Reibereien und Streitigkeiten kommen. Gerade Weibchen können in so einer Haltungsform eine regelrechte Dominanz gegenüber dem Männchen entwickeln und ihn ständig vom Futter oder dem Sitzplatz verscheuchen.
Was die Tiere in einer Zweierkonstellation aber niemals ausleben können, ist das soziale Verhalten in einer größeren Gruppe, in der sich mehr als das reine Paarverhalten abbildet, so dass unterschiedliche Freundschaften gepflegt werden können.
Eine ungerade Anzahl von Tieren ist in kleineren Grüppchen meist problematisch, weil sich unter Umständen ein echtes Paar bildet und der dritte Vogel dann "überzählig" und von den gemeinsamen Paaraktivitäten ausgeschlossen ist. Es kann zwar mal vorkommen, dass sich ein solches Dreiergespann so gut versteht, dass es harmonisch und ausgewogen zugeht, aber falls Sie ein solches Experiment wagen wollen, sollten Sie sich in jedem Fall schon im Vorfeld die Option offenhalten, notfalls noch einen vierten Wellensittich als Ausgleich aufzunehmen.
Mit vier Wellensittichen reicht es zwar noch nicht ganz zum echten Schwarmgefühl, aber in dieser kleinen Gruppe haben die Tiere schon eine größere Auswahlmöglichkeit, so dass sich Freundschaften und Partnerschaften auch nach individuellen Vorlieben bilden können. Auch besteht hier die Möglichkeit, dass sich immer jemand finden lässt, mit dem man eine kleine Unternehmung wie etwa einen Rundflug oder ein Spiel starten kann. Allerdings sollte in so einer Gruppe immer noch auf die Verteilung der Geschlechter geachtet werden: Im Allgemeinen gelten zwei Weibchen und zwei Männchen oder eine reine Männchen für diese Haltungsform als sinnvoll.
Hier gilt Ähnliches wie schon für die Dreiergruppe: Falls es sich bei den Vögeln um zwei feste Paare und einen zusätzlichen Vogel handelt, wird der eine Vogel sich vermutlich oft wie das berühmte "fünfte Rad am Wagen" fühlen. Immerhin ist hier die Chance aber deutlich größer, dass sich für den einzelnen Wellensittich doch mal ein Ansprechpartner findet, mit dem er quatschen oder etwas unternehmen kann.
Wenn sich keine Paare oder nur ein festes Paar gebildet haben sollte, dann kann diese Kleingruppe aber auch durchaus harmonisch sein. Trotzdem sollten Sie sich aber auch bei fünf Wellensittichen überlegen, ob Sie gegebenenfalls nicht doch noch auf sechs Vögel aufstocken können.
Ab dieser Gruppengröße kann man von einem richtigen Mini-Schwarm sprechen, in dem die Wellensittiche alle Möglichkeiten haben, ihr soziales Verhalten im Paar und in der Gruppe voll auszuleben. Die Auswahl an potenziellen Partnern ist deutlich größer als bei kleineren Gruppen und in dieser Konstellation wird eigentlich kaum ein Wellensittich in die Position des Außenseiters gedrängt werden.
Bis zu einer Größe von sechs Vögeln ist es noch empfehlenswert, auf ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zu achten. Bei mehr Tieren wird es zunehmend unwichtiger und es spielt auch kaum noch eine Rolle, ob der Schwarm aus einer geraden oder ungeraden Anzahl an Vögeln besteht. Wenn Sie in der Lage sind, sechs oder mehr Wellensittichen ein Zuhause zu bieten, dann haben Sie eines der wichtigsten Kriterien erfüllt, um Ihren Tieren ein zufriedenes Leben zu ermöglichen.